Ein Beitrag aus der Thoughtleader-Reihe von Middelhoff Consulting
Christina Steinbrecher-Pfandt leitet seit März 2023 das Tech Diplomacy Network in San Francisco – eine Plattform, die Diplomaten, Tech-Unternehmen und Wissenschaft zusammenbringt. Ziel ist es, nicht nur vorbereitete Statements auszutauschen, sondern echte Gespräche zu ermöglichen, in denen Fragen gestellt, Kontexte erklärt und Missverständnisse geklärt werden können. In einer Zeit, in der Technologie immer stärker mit Politik verflochten ist, schafft dieses Netzwerk neutralen Boden für Dialog und gegenseitiges Verständnis.
Warum Tech-Diplomatie so wichtig ist
Technologie ist heute nicht mehr nur ein ökonomischer, sondern auch ein politischer Faktor. Entscheidungen von Konzernen wie OpenAI, Google oder Nvidia wirken weit über Märkte hinaus und betreffen Sicherheit, Wertefragen und internationale Beziehungen. Damit wächst das Bedürfnis nach Austausch zwischen Regierungen und Technologieunternehmen.
Christina bringt es so auf den Punkt: „Diplomatie funktioniert nur, wenn man im Gespräch bleibt, auch wenn man nicht derselben Meinung ist. Und Gespräch bedeutet nicht, vorbereitete Texte vorzulesen, sondern nachzufragen, zu klären und zuzuhören.“
Genau das ist die Essenz von Tech-Diplomatie: Plattformen zu schaffen, in denen echte Dialoge möglich sind. Eine wissenschaftliche Analyse beschreibt sie als „Anerkennung des wachsenden Einflusses von Technologieunternehmen über nationale Grenzen hinweg“ und als Instrument, diesen Einfluss diplomatisch einzubinden¹.
Das Tech Diplomacy Network
Das von Christina geführte Tech Diplomacy Network versteht sich als neutrale Anlaufstelle für Staaten, Unternehmen und die Zivilgesellschaft. Mit Konferenzen, Workshops und einem monatlichen Newsletter vermittelt es Wissen, fördert persönliche Begegnungen und schafft Strukturen für langfristige Zusammenarbeit.
Christina erklärt: „Wir stellen sicher, dass Themen wie KI, Halbleiter oder grüne Energien nicht abstrakt bleiben, sondern gemeinsam diskutiert werden können. Wichtig ist dabei, dass die Teilnehmenden Fragen stellen können. Nur so entsteht Verständnis jenseits von Schlagzeilen.“
Bemerkenswert ist die Offenheit des Netzwerks: Auch Vertreter von Ländern mit angespannten Beziehungen nutzen diese Plattform, um ihre Sichtweisen darzulegen und ins Gespräch zu kommen. Ziel ist es, Brücken zu bauen, wo offizielle Kanäle oft verschlossen sind. Bis 2030 soll das Netzwerk zu einem internationalen Zentrum für Tech-Diplomatie wachsen².
Der ungewöhnliche Hintergrund von Christina
Christina Steinbrecher-Pfandt wurde 1983 in Kasachstan geboren, wuchs in Deutschland auf und studierte Internationale Betriebswirtschaft in Maastricht sowie Contemporary Art am Sotheby’s Institute in London. Ihre Laufbahn begann in der Kunstwelt, wo sie unter anderem Kunstmessen in Wien und Moskau leitete und internationale Ausstellungen kuratierte.
2018 zog sie nach San Francisco, um mit Blockchain.art ein Start-up im Schnittfeld von Kunst und Technologie zu gründen. In dieser Zeit musste sie unzählige Male erklären, was Blockchain überhaupt ist und welchen Mehrwert sie für Künstler und Sammler schaffen kann. „Gerade in den Anfangsjahren habe ich sicher tausend Mal erklärt, was Blockchain bedeutet – vor Investoren, Akademikern, Industrievertretern und Diplomaten. Dabei habe ich gelernt, wie man komplexe Technologien so erklärt, dass sie verständlich werden.“
Diese Fähigkeit, Brücken zwischen Welten zu schlagen und technologische Inhalte in klare Sprache zu übersetzen, ist heute der rote Faden ihrer Arbeit. Sie bringt die Empathie und Offenheit aus der Kunstwelt mit, kombiniert mit dem unternehmerischen Blick aus dem Start-up-Umfeld.
Relevanz in einer neuen Weltordnung
Die Themen, die im Tech Diplomacy Network diskutiert werden, sind entscheidend für die Zukunft: von der Regulierung Künstlicher Intelligenz über Lieferketten für Halbleiter bis zur Rolle grüner Technologien. Unternehmen bauen Global-Affairs-Teams aus, Staaten entsenden Tech-Beauftragte in die Bay Area.
Christina sieht darin einen deutlichen Wandel: „Noch vor einigen Jahren haben viele Tech-Unternehmen Diplomaten kaum beachtet. Heute ist das anders, weil klar geworden ist: Politik und Technologie lassen sich nicht voneinander trennen.“
Gerade weil Interessen auseinandergehen können, braucht es neutrale Plattformen, die Begegnung und Austausch ermöglichen. Und es braucht Persönlichkeiten wie Christina, die in der Lage sind, unterschiedliche Perspektiven miteinander ins Gespräch zu bringen.
Ausblick
Das Tech Diplomacy Network zeigt, wie neue Formen von Diplomatie aussehen können: neutral, praxisnah und dialogorientiert. Ziel ist es, bis 2030 zu einem globalen Zentrum für Tech-Diplomatie zu werden, an dem Erfahrungen gesammelt und Best Practices geteilt werden.
Dieser Artikel ist Teil der Thoughtleader-Reihe von Middelhoff Consulting, in der Persönlichkeiten aus unserem internationalen Expertennetzwerk vorgestellt werden. Christina Steinbrecher-Pfandt verdeutlicht, wie stark die Welt heute von Menschen geprägt wird, die über Grenzen hinweg denken und Brücken bauen.
¹ Vgl. E-International Relations: Tech-Diplomacy: High-Tech Driven Rhetoric to Shape National Reputation (2023)
² Vgl. Tech Diplomacy Network, Mission & Vision (2024)